Goldpreis
Keine Schmerzgrenze
Herr Endres, steigt mit jedem neuen Allzeithoch auch das Image des Goldes?
Joerg Endres: Tatsächlich hat das Image von Gold in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Es ist mehr als nur ein Rohstoff: Gold steht seit jeher für Sicherheit, Wohlstand und Stabilität. Gerade in unsicheren Zeiten wenden sich viele Menschen dem sicheren Hafen Gold zu – ein Reflex, der in unserer Kultur verankert ist.
Erreicht Gold bald eine Schmerzgrenze?
Eine klare Schmerzgrenze scheint es nicht zu geben. Goldvorkommen sind endlich, und die derzeit bekannten Reserven dürften noch etwa zwei Jahrzehnte reichen. Zwar schreitet die Exploration kontinuierlich voran, doch der Abbau wird zunehmend kostspieliger – und irgendwann ist Schluss. Ein Aspekt, der in der aktuellen Diskussion häufig übersehen wird.
Wären Sie Händler, wie würden Sie die Entwicklung nach oben sowie die Rekordpreise kommunizieren?
Ich war vor langer Zeit selbst im Rohstoffhandel aktiv. Damals achtete ich täglich auf harte Wirtschaftsdaten, Zinsentscheidungen und politische Signale – besonders aus den USA. Heute würde mich vor allem nervös machen, dass durch den US-Shutdown kaum verlässliche Daten verfügbar sind. Das erschwert jede fundierte Einschätzung. Zwei Faktoren treiben den Goldpreis aktuell besonders: Zum einen sorgt die unberechenbare Wirtschaftspolitik der USA – inklusive der Angriffe auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank – für große Unsicherheit. Zum anderen flüchten Investoren angesichts globaler Krisenherde verstärkt in sichere Häfen. Und Gold bleibt dabei die erste Adresse.
Wie „wertspeichernd“ ist Gold, welchen inflationsbereinigten Gegenwert hat es?
Ich habe mir anlässlich des Oktoberfestes den Spaß erlaubt, die Preisentwicklung von Gold mit der einer Maß Bier zu vergleichen. Gold gewinnt auch diesen Vergleich. Konnte man 2005 auf dem Oktoberfest mit einem Gramm Gold zwei Bier kaufen, sind es heute sieben!
Das Maß ist übervoll
Alljährlich zur Eröffnung des Oktoberfestes sorgt der konstant steigende Preis für die Maß Bier für Aufregung. Doch im Vergleich zum Goldpreis ist die Preissteigerung moderat. 2005 hatte man für ein Gramm Gold umgerechnet zwei Maß kaufen können, heute sind es sieben.
| 2005 | 2015 | 2025 |
|---|---|---|
| 1 g Gold = 11 € 1 Maß Bier = 6 € | 1 g Gold = 30 € 1 Maß Bier = 10 € | 1 g Gold = 118 € 1 Maß Bier = 15 € |
Erhalten Sie aufgrund des hohen Goldpreises viel Scheidgut oder alte Investmentbarren zurück?
Der Umsatz hat deutlich zugenommen, sowohl bei Altgold- oder Investmentbarren-Rückgaben als auch bei Neuverkäufen von Barren. Man sieht oft Warteschlangen vor Investmentfilialen. An- und Verkaufsshops versuchen in der aktuellen Phase, alle zurückgekauften Barren gleich wieder im Markt zu verkaufen.
Was bedeutet der hohe Goldpreis für die Branche?
Die Entwicklung ruft in der Branche sehr unterschiedliche Reaktionen hervor. Während Anleger von den steigenden Kursen profitieren und Investmentprodukte wie Barren und Münzen stark gefragt sind, erlebt auch die Recyclingbranche einen Aufschwung, da viele Menschen ihre Goldbestände zu Geld machen. Für die Schmuckindustrie hingegen bringt der hohe Goldpreis große Herausforderungen mit sich. Im ersten Halbjahr 2025 hat sich laut World Gold Council die Nachfrage nach Goldschmuck spürbar abgeschwächt. Viele Verbraucher schrecken vor den gestiegenen Preisen zurück und greifen vermehrt zu günstigeren Alternativen oder karatärmeren Legierungen. Juweliere und Goldschmiede müssen bei den derzeitigen Kursänderungen ihre Preisgestaltung überdenken und ihre Sortimente anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir sehen eine Entkopplung von Preis und Absatzmenge: Zwar steigen die Umsätze auf dem Papier, weil die Preise höher sind – tatsächlich werden aber weniger Schmuckstücke verkauft. Bei immer weiter steigenden Goldpreisen könnte sich diese Entwicklung in den kommenden Monaten noch verschärfen.
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