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Inmitten stürmischer Zeiten zieht die Jentner Group ein positives Zwischenfazit. Schon heute ist klar: Das riesige Engagement hat sich gelohnt. Wie Zukunft in Pforzheim geht, zeigt Jentner.
„Vor drei Jahren erwirtschafteten wir noch hohe Verluste“, erinnert sich Inhaber Chris Jentner. „Heute stehen wir dank konsequenter Investitionen in Technologie, Menschen und Kultur auf einem soliden Fundament.“ Die zwei größten Baustellen sind zwischenzeitlich abgeschlossen: Der großflächige Neubau des Produktionsgebäudes ist fertiggestellt und das neue ERP-System läuft flächendeckend. Parallel dazu wurden umsatzstarke Neukunden gewonnen, die das Unternehmen expandieren lassen. Gegründet 1974 von Kurt Jentner, wird das Unternehmen heute von Sohn Chris geführt, verstärkt seit 2024 durch Tobias Kleiber als zweiten Geschäftsführer. 65 Beschäftigte sorgen derzeit für reibungslose Abläufe; bis Ende 2026 sollen es 100 Mitarbeitende sein. Dabei folgen alle Schritte der strategischen Neuausrichtung konsequent dem neuen Leitbild, der Unternehmens-DNA: „Digital. Nachhaltig. Anstand.“
Digital
Der Leitstand ist das Herzstück der neuen Smart Factory. Auf einem großen Bildschirm pulsiert der Fertigungsfluss. Ultrabreitband-Tags senden Positionsdaten jedes Warenträgergestells im Sekundentakt; die Genauigkeit liegt bei zehn Zentimetern. Ein Farbbalken zeigt, dass Auftrag 23 145 gerade das Rhodiumbad verlässt und Bauteil 33 712 in die Endkontrolle fährt.
„Früher mussten wir telefonieren, heute sehen wir alles live“, sagt Head of Technology Marcel Selinger. Das System IPS 5.0 sammelt Jahr für Jahr rund eine Milliarde Datenpunkte – Stromdichten, Temperaturen, Chemiewerte – und verdichtet sie zu Effektivitäts-Kennzahlen, die jeder Mitarbeiter versteht. Seit 2023 läuft das End-to-End-ERP, ein Softwaresystem zur Optimierung aller Geschäftsprozesse: Von der Anfrage bis zur Versandmeldung sind alle Schritte digital verknüpft, inklusive Shopfloor-App. Der Nutzen ist greifbar: Die Ausschussquote sank um 18 Prozent, die Durchlaufzeit pro Gestell um zwei Stunden. „Das ist echter Mehrwert für unsere Kunden“, resümiert Marcel Selinger.
Digitalisierung hilft auch am Arbeitsplatz. An jeder Ecke flimmern Dashboards, die Produktionsdaten in Echtzeit anzeigen. Wer lernen will, loggt sich ins Trainings-Center ein. Micro Learning Clips erklären die Chemie hinter Rhodium-Bädern. Aktuell werden digitale Workshops für die weltweiten Händler in Deutsch, Englisch und Spanisch vorbereitet. Als nächste Ausbaustufe folgen VirtualReality-Trainings. Das Unternehmen ist längst international geworden. Im Geschäftsbereich der Jentner Plating Technology (JPT) beziehen Goldschmiede, Universitäten und Labore aus mehr als 15 Ländern ihre Elektrolyte und Zubehör aus Pforzheim. „85 Prozent unseres Umsatzes in diesem Bereich erwirtschaften wir im klassischen Schmucksektor“, erläutert Chris Jentner.
Das Herzstück der Smart Factory von Jentner: Das Ultrabreitband-gesteuerte System sammelt pro Jahr rund eine Milliarde Daten über die Produktionsprozesse und übersetzt sie in Kennzahlen, die jeder Mitarbeiter versteht.
Nachhaltig
Auf den Dächern des neuen Werks glänzen Photovoltaikanlagen, betrieben von der konzerneigenen Jentner Green Energy GmbH. Darüber hinaus unterhält das Unternehmen weitere elf PhotovoltaikStandorte in ganz Deutschland. Insgesamt 14 Anlagen erzeugen pro Jahr mehr als 5000 MWh Ökostrom und vermeiden knapp 9700 Tonnen CO₂. Damit arbeitet die Fertigung bereits heute CO₂-neutral; den verbleibenden Bedarf deckt zertifizierter Ökostrom. In den Laboren laufen Versuche zur Elektrolyt-Regeneration. Das Ergebnis: rund ein Drittel weniger Chemikalienverbrauch, bestätigt durch interne Messreihen. Ein geschlossener Wasserkreislauf reduziert den Frischwasserverbrauch um 95 Prozent.
Zertifikate untermauern die Zahlen und Ambitionen: Die internationale Norm für Umweltmanagement (ISO 14001) sowie Qualitätsmanagement (ISO 9001) sind längst etabliert; 2025 stehen die Audits für DIN EN 9100 (Qualitätsmanagement Luft & Raumfahrt) und ISO 50001 (Energiemanagement) an. ISO 27001 für Informationssicherheit folgt 2026. Chris Jentner: „Nachhaltigkeit ist für uns kein kurzfristiger Trend, sondern gelebte Tradition – heute verantwortungsvoll handeln, um die Galvanik von morgen zu sichern.“
Die insgesamt 14 Photovoltaikanlagen der Jentner Green Energy GmbH sparen pro Jahr rund 10.000 Tonnen CO₂ ein.
Anstand
Der Begriff Anstand zieht sich wie ein roter Faden durchs Unternehmen. „Anstand bedeutet, Mitarbeitende, Kunden und Gesellschaft mit Respekt, Fairness und Transparenz zu behandeln“, lautet die Maxime von Chris Jentner. Konkret beginnt Fairness bei der Jentner Group beim Lohnniveau, setzt sich fort in flachen Hierarchien und endet bei Entwicklungsgesprächen. Dafür investiert das Unternehmen kräftig. In der Pause führt der Weg der Mitarbeiter ins hauseigene Restaurant „Aurum“. Zwei Profiköche servieren dort regionale Küche, kostenfrei für alle Mitarbeitenden. „Das ist gelebte Wertschätzung“, sagt Prokuristin Christiane Stolla.
Soziales Engagement zeigt sich auch außerhalb der Firma: Jentner sponsert Fußballvereine, beteiligt sich an der „Klimafit“-Initiative des Landes Baden-Württemberg und organisiert Technik-AGs an Schulen, um Nachwuchs für MINT-Berufe zu begeistern. Lohn dieses Engagements: Der viel zitierte Fachkräftemangel ist hier kaum spürbar. Obgleich sich die Jentner Group permanent wandelt und anpasst. Die strategische Fokussierung spiegelt sich stark in der C. Jentner GmbH Metallveredelung wider: Der Geschäftsbereich wächst zweistellig im Segment Luft und Raumfahrt. Schmuckstück-Veredelung? „Das haben wir bewusst beendet“, sagt Chris Jentner. „Unsere Zukunft in diesem Geschäftsbereich liegt in Hightech-Oberflächen für Triebwerke und Satelliten.“ Wer wissen will, wie Zukunft geht, ist bei Jentner richtig.
Gelebte Werte: Im hauseigenen Restaurant „Aurum“ servieren zwei Profiköche regionale Küche – kostenfrei für alle Mitarbeitenden.
Text: Ulrich Voß, Fotos: Tilo Keller