ifo Institut warnt

Stillstand gefährdet Wachstum

Die deutsche Wirtschaft dürfte sich auch in diesem Jahr kaum aus der Stagnation befreien, sollte es nicht bald gelingen, mit wirtschaftspolitischen Reformen die Standortprobleme in den Griff zu bekommen.

15. Jan. 2025 GZ Redaktion
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Das ifo Institut erwartet dann ein kaum wahrnehmbares Wachstum von 0,4 Prozent. „Deutschland durchläuft die mit Abstand längste Stagnationsphase der Nachkriegsgeschichte. Auch im internationalen Vergleich fällt Deutschland deutlich ab“, sagt ifo Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Wenn nicht gegengesteuert wird, befürchten die ifo Forscher, dass Industrieunternehmen Produktion und Investitionen weiter ins Ausland verlagern. Das Produktivitätswachstum würde auch deshalb schwach bleiben, weil Wertschöpfung und Beschäftigung in hochproduktiven Industriezweigen durch Wertschöpfung in Dienstleistungsbereichen mit geringem Produktivitätswachstum ersetzt würde. Sollten aber die richtigen wirtschaftspolitischen Weichen zügig und verlässlich gestellt werden, würden sich Investieren und Arbeiten in Deutschland wieder mehr lohnen, und damit könnte auch ein Wachstum von gut einem Prozent erreicht werden. Der Strukturwandel würde nicht nur die alten Produktionstechnologien verschwinden, sondern auch neue im Verarbeitenden Gewerbe entstehen lassen.

Im Jahr 2024 war das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt nur 0,1 Prozent höher als im Jahr 2019 vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Damit tritt deutsche Wirtschaft seit nunmehr fünf Jahren auf der Stelle. 2024 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent gegenüber dem bereits schwachwachen Vorjahr (-0,3 Prozent). Zum Vergleich: In den USA liegt das BIP bereits um mehr als zwölf Prozent über dem Vor-Corona-Niveau, im Euro-Raum um gut vier Prozent. Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und Deglobalisierung gehen mit strukturellen Veränderungen der deutschen Wirtschaft einher, die durch die Krisen der vergangenen Jahre spürbar beschleunigt wurden. Im internationalen Vergleich ist Deutschland von diesen Veränderungen besonders stark betroffen. Insbesondere das Geschäft mit China schwächelt, die Exportaussichten sind angesichts der drohenden Zölle durch Trump auch ansonsten eher düster. Hohe Zinsen bremsen das Baugewerbe aus und auch die Verbraucher halten sich derzeit mit ihren Ausgaben zurück und sparen lieber. Hinzu kommen hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und die vernachlässigte Infrastruktur.

„Im Vergleich zu anderen Standorten weltweit sind die Belastungen der Unternehmen durch Steuern, Bürokratie und Energiekosten hoch, die Erneuerung der Digital-, Energie- und Verkehrsinfrastruktur kommt langsamer voran und der Fachkräftemangel ist ausgeprägter“, sagt Wollmershäuser. Daher habe die Industrie spürbar an Wettbewerbsfähigkeit verloren und sich der deutsche Warenexport immer mehr von der weltwirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt. Investitionsentscheidungen fielen zu Ungunsten des Produktionsstandortes Deutschland aus. Zudem habe vor allem China bei der Produktion wichtiger Technologien, insbesondere im Fahrzeug- und Maschinenbau, aufgeholt und sich von der verlängerten Werkbank der Welt zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten entwickelt. In der Folge verlören deutsche Unternehmen Weltmarktanteile bei Produkten, bei denen sie jahrzehntelang Marktführer waren, so der ifo Konjunkturchef.

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