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Gold zwischen Gier, Unsicherheit und geopolitischer Spannung

Der Goldpreis eilt von Rekord zu Rekord: Zuletzt erreichte das Edelmetall ein neues Allzeithoch von über 4.361 US-Dollar je Unze. Der historische Lauf überrascht selbst erfahrene Marktbeobachter. Trotz technischer Überkauftheit dominiert derzeit die Furcht, etwas zu verpassen klar über die Neigung zur Gewinnmitnahme.

In US-Dollar legte der Goldpreis seit Jahresanfang um über 57 Prozent, in Euro über 41 Prozent zu. Ein zentraler Treiber der Rally sind die massiven Zuflüsse in Gold-ETFs. Im September stiegen die Bestände um 3,6 Millionen Unzen auf nunmehr 97,2 Millionen Unzen – den höchsten Stand seit September 2022. Seit Jahresbeginn entspricht das einem Zuwachs von 17 Prozent. Parallel dazu kaufen auch Zentralbanken weltweit in großem Stil physisches Gold. Nach Angaben von Marktanalysten ist ein erheblicher Teil des diesjährigen Preisanstiegs – über 60 Prozent – auf diese physischen Käufe zurückzuführen. Besonders China spielt hier eine Schlüsselrolle: Schätzungen zufolge liegen die tatsächlichen chinesischen Goldreserven mit über 5.000 Tonnen deutlich über den offiziell gemeldeten 2.300 Tonnen. Ziel dieser massiven Aufstockung ist offenbar, die Dominanz des US-Dollars zu schwächen und den Yuan als globale Reservewährung zu stärken. Die Beschlagnahmung russischer Devisenreserven nach dem Ukrainekrieg gilt als „Weckruf“ für viele Schwellenländer, ihre Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren – Gold bietet dafür eine sichere Alternative.

Zinssenkungshoffnungen und US-Haushaltsdebatte als Preismotor

Auch die Zinspolitik der US-Notenbank (Fed) liefert Rückenwind. Die Märkte rechnen inzwischen fest mit zwei weiteren Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte bis Jahresende. Fed-Chef Jerome Powell deutete zuletzt an, dass eine schwächere Arbeitsmarktdynamik Spielraum für geldpolitische Lockerungen biete. Niedrigere Zinsen machen unverzinste Anlagen wie Gold attraktiver. Gleichzeitig sorgt die anhaltende US-Haushaltsdebatte für Unsicherheit. Ein drohender oder fortgesetzter „Government Shutdown“ schürt Zweifel an der fiskalischen Stabilität der Vereinigten Staaten – ein Umfeld, in dem Anleger traditionell in den „sicheren Hafen“ Gold flüchten.

Globale Nachfrage bleibt hoch – Indien als Sonderfall

Während institutionelle und staatliche Käufer massiv in den Markt drängen, zeigt sich bei Schmuckkäufern eine andere Entwicklung. In Indien, dem weltweit größten Goldmarkt, dürften die rekordhohen Preise die Nachfrage zum anstehenden Diwali-Fest deutlich dämpfen. Laut dem World Gold Council sanken die indischen Schmuckverkäufe im zweiten Quartal bereits um 17 Prozent im Jahresvergleich. Dennoch treiben indische Investoren die Preise mit hohen lokalen Aufschlägen an – das Premium lag zuletzt bei 25 US-Dollar pro Unze.

Edelmetalle im Höhenflug – aber Warnsignale mehren sich

Nicht nur Gold, auch Silber, Platin und Palladium befinden sich in einem anhaltenden Aufwärtstrend. Der Silberpreis erreichte mit über 53 US-Dollar je Unze ein neues Rekordhoch, während Platin und Palladium in den vergangenen Tagen ebenfalls deutlich zulegen konnten. Doch Experten warnen: Die Edelmetallmärkte befinden sich inzwischen in einer überhitzten Phase. Alle vier Metalle – Gold, Silber, Platin und Palladium – sind weit über ihre langfristigen Durchschnittsniveaus hinausgeschossen. Gold notiert derzeit rund 20 Prozent über seiner 200-Tage-Linie, Platin hält sich bereits seit zwei Wochen oberhalb dieses Schwellenwerts, und Palladiums jüngster Ausbruch hat es ebenfalls in überkauftes Terrain katapultiert. Historisch betrachtet wurden solch extreme Übertreibungen häufig von Korrekturphasen oder sogar ausgewachsenen Bärenmärkten gefolgt.

Zwar warnen Analysten vor kurzfristigen Rücksetzern angesichts der überkauften Marktlage, doch die strukturellen Treiber bleiben intakt. In einem Umfeld, in dem Währungen an Vertrauen verlieren und Schuldenberge wachsen, bleibt Gold für viele Anleger das ultimative Wertaufbewahrungsmittel. Problematisch ist der hohe Goldpreis mit Grammpreisen bei fast 115 Euro mittlerweile für die Schmuckbranche. „Jetzt ist eine Schwelle überschritten, die vielen weh tut und Kunden halten sich derzeit beim Goldschmuck deutlich zurück“, berichtet ein Branchenbeobachter. „Viele ziehen zurzeit als Alternative vergoldetes Silber vor, denn Gelbgold ist und bleibt die begehrte Farbe der Saison.“ Aber auch Hohlware oder noch filigranere Designs sind Antworten der Industrie auf die Goldrallye.

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