| Inhorgenta 2025 (Uhren)
Ungläubigkeit begleitet die Firma Ba111od seit ihrer Gründung vor fünf Jahren. „Ein Tourbillon, Swiss made, für 8500 Euro VK? Kann nicht sein!“ Wir haben Kai Pierre Thieß von Juwelier Hilscher und Ba111od-Inhaber Thomas Baillod zum Interview gebeten.
Herr Thieß, wie sind Sie auf die Marke Ba111od aufmerksam geworden?
Kai Pierre Thieß: Es war ein Tipp von Uhrenexperte Gisbert L. Brunner. Hätte mir jemand anders diese Marke empfohlen, wäre wohl nichts daraus geworden.
Was haben Sie bei Ihrer ersten Vorlage der Uhren gedacht?
Kai Pierre Thieß: Ich habe die Marke nicht verstanden. Wie sind bei dieser Qualität solche Preise realisierbar? Aber ich habe mittlerweile ein Unternehmen kennengelernt, von dem ich überzeugt bin, dass es sein Business kennt und eine große Zukunft haben wird.
Herr Baillod, ist diese Ungläubigkeit eine normale Reaktion?
Thomas Baillod: Ja. Und deswegen brauchen wir Juweliere. Sie geben uns Glaubwürdigkeit. Bei den Uhren der Einstiegspreislage reichen Empfehlungen von anderen Käufern aus. Da geht es um den Spaß. Im gehobenen Segment braucht es den Profi, denjenigen, der die Beziehung zum Kunden als sein Business sieht. Deswegen ist Kai Pierre Thieß so gut.
In der Familie von Thomas Baillod werden seit 250 Jahren Uhren hergestellt, unter anderem diese Taschenuhr aus dem 19. Jahrhundert – seit fünf Jahren revolutioniert er mit seiner eigenen Marke Ba111od die Branche.
Und wie realisieren Sie diese Verkaufspreise? Wie kommt dieses unglaubliche Preis-Leistungs-Verhältnis zustande?
Thomas Baillod: Ganz ehrlich, ich verstehe bis zum heutigen Tag nicht, warum der Unterschied so groß ist zwischen dem Preis, den der Uhrmacher bekommt, und dem, den der Konsument bezahlt. Im Prinzip haben wir etwas versucht, was noch niemals versucht worden war; wir wollten die möglichst kleinste Marge realisieren. Ich habe ein großes Netzwerk in der Uhrmacherszene: Wir sind die Kids aus La Chaux-de-Fonds, der Schweizer Uhrenmetropole, und nutzen diese Kompetenz. Denn das wenigste, das man beim Kauf einer Uhr für eine Uhr bezahlt, ist die Uhr selbst. Das Teuerste sind die Margen, übrigens für die Distribution, nicht fürs Marketing. Ich habe deswegen den Weg des Produkts zum Konsumenten neu überdacht. Mir ging es darum, die Kosten der Distribution möglichst klein zu halten. Wir nennen es WeCommerce. Wir versuchen, Kunden zu Influencern zu machen.
„Diese Marke ist ein Geschenk für uns!“
Juwelier Kai Pierre Thieß, über Ba111odDas hat bei mir funktioniert. Ich habe mich in die „Onyx Tourbillon“ schockverliebt. Aber kleine Margen werden dem Juwelier nicht gefallen.
Thomas Baillod: Kein Juwelier, zumindest keiner, den wir als Partner wollen, sucht hohe Margen. Er sucht Profit. Dafür ist die Drehung des Lagers entscheidend. In unserem eigenen Shop in Neuchâtel haben wir eine Drehung von fünf.
Wie viele Juweliere suchen Sie in Deutschland?
Thomas Baillod: Fünf oder sechs. Ich will in jeder großen Stadt einen guten Partner haben.
Herr Thieß, wie läuft die Marke bei Ihnen an?
Kai Pierre Thieß: Überdurchschnittlich gut. Bei der ersten Präsentation der Uhren wurden bereits einige Uhren verkauft, ebenso in der Folgewoche. Was mich gefreut hat, es waren vor allem individualisierte Sonderanfertigungen, die auch alle erstklassig realisiert werden konnten. Diese Marke ist ein Geschenk für uns! Ich bin froh, dass meine Idee funktioniert, nicht die Einstiegspreislage zu führen. Es zeigt, dass unsere Kunden Uhrenenthusiasten sind. Sie besitzen bereits viele Uhren der Prestigebrands. Da muss von solch einer Marke schon etwas Besonderes kommen!
„Wir sind ein Traditionsunternehmen, das in digitalen Zeiten gegründet wurde.“
Thomas Baillod, Inhaber Ba111odKauft die junge Zielgruppe diese Uhren?
Kai Pierre Thieß: Ja, allerdings nicht junge Leute, die keine Ahnung von Uhren haben. Diese jungen Käufer haben sicherlich schon alle Uhren von den bekannten Marken und suchen jetzt etwas Unbekanntes, Aufregendes. So gesehen ist Ba111od sicherlich keine Startermarke. Aber eine Marke für jeden, der Uhren versteht und der weiß, auf was es ankommt. Auch wenn die Marke nicht bekannt ist, vertrauen uns die Kunden.
Thomas Baillod: Für uns ist dieser Vertrauensfaktor des Juweliers sehr entscheidend. Denn unser Hauptproblem ist, dass der Kunde uns nicht glaubt. Dieses „das kann doch nicht sein“, „das ist Fake und kein echtes Tourbillon“ oder „das kommt aus China“, das können wir gar nicht so erfolgreich entkräften wie der Juwelier vor Ort im direkten Gespräch.
„Ich habe mich in die ‚Onyx Tourbillon‘ schockverliebt.“
Christian Jürgens, Herausgeber GZSie stellen dieses Jahr auf der Inhorgenta aus. Was bringen Sie mit?
Thomas Baillod: Die Neuheit ist die überarbeitete „Chapter 7“, sportlichelegant, mit integriertem Metallband, hellblauem Zifferblatt, dünner als der Vorgänger, 100 Meter wasserdicht, natürlich Swiss made, mit ChronometerZertifikat – für unter 1000 Euro Verkaufspreis. Was allerdings der Star des Jahres 2025 werden könnte, ist keine Neuheit, sondern eine alte Uhr, eine Taschenuhr von Charles Baillod aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert, die wir aus den USA importiert haben. Eine Golduhr mit großartiger Bearbeitungsgüte. Wir haben auch Uhren aus dem 18. Jahrhundert. Diese alten Uhren erzählen uns neue Geschichten.
Authentische?
Thomas Baillod: Sehr sogar, überraschend authentische. Mittlerweile haben wir herausgefunden, dass der Name Baillod seit 250 Jahren in der Uhrenindustrie von Neuchâtel bekannt ist. Und trotzdem sind wir der Zukunft zugewandt, was sich in den binären Zahlen 0 und 1 in unserem Markennamen Ba111od ausdrückt. Wir sind ein Traditionsunternehmen, das in digitalen Zeiten gegründet wurde. Heute designen und montieren wir all unsere Uhren selbst im Haus. Wir sind elf Mitarbeiter, die meisten sind meine Freunde, die ich noch aus Schulzeiten kenne und die alle bei den großen Marken gearbeitet hatten. Wir wissen, wie man die besten Uhren herstellt. Man kann zu großen Marken gehen, zum großen Marketing, oder eben zu kleinen Boutique Brands – zum Geheimtipp, der das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis hat.