| GZ 125 Jahre
Beim Stöbern in 125 Jahren GZ-Geschichte haben wir festgestellt: Das Blättern in alten GZ-Ausgaben sorgt für so manches Déjà-vu. Zwei Fundstücke aus der Vergangenheit, die auch heute noch einen Hauch Aktualität versprühen.
Betrugsversuch per Brief statt E-Mail (siehe Bild oben):
Nigerianischer Prinz aus Weißrussland
Jeder von Ihnen hatte sicher schon mal eine E-Mail eines nigerianischen Prinzen (wahlweise auch Unternehmers oder Staatschefs) in seinem E-Mail-Postfach. Der Inhalt: Er habe ein fantastisches Vermögen geerbt, komme da aber momentan leider nicht ran, es sei denn, Sie helfen ihm, gegen eine ebenfalls fantastische Beteiligung. Vorher – leider, leider – sei aber eine kleine Gebühr fällig. Im Vergleich mit der in Aussicht stehenden Belohnung ist die natürlich ein Klacks! Diese Betrugsmasche gilt als eine der ältesten, seit es E-Mails gibt. 1989 soll schon der erste derartige Spam durchs Netz gegeistert sein. Und sie ist, aller Plumpheit zum Trotz, auch eine der erfolgreichsten – die damit verursachten Schäden liegen jährlich im hohen dreistelligen Millionenbereich.
Die Masche ist aber keineswegs eine Erfindung der Neuzeit, wie die Lektüre der GZ aus dem Jahr 1906 zutage fördert: Denn unter der Überschrift „Schwindel?!“ druckte die GZ den unveränderten Wortlaut eines Briefs, angeblich von einem weißrussischen Geschäftsmann aus Minsk. Dieser besitze 400000 Rubel und möchte einen Teil davon gern „in Sichere Privat Hände ... auf einige Jahre und auf Gute Bedingungen“ abgeben. Um „mit mich gescheft Schlissen“, solle der Empfänger des Briefs doch bitte nach Wilna (Vilnius in Litauen) kommen. Die GZ ordnete es zurecht als „plumpe Falle eines Industrieritters“ ein. Wir lernen: Wer sagenhaften Reichtum verspricht, findet offensichtlich seit mehr als 100 Jahren immer jemanden, der dafür seinen letzten Groschen gibt.
Diamant-Imitationen werden zum Politikum:
Was nicht echt ist, muss weg
Mit „Der Kampf des ,Journal der Goldschmiedekunstʻ gegen den Diamanten-Imitations-Unfug“ ist ein vierseitiger Beitrag überschrieben, und man fühlt sich irgendwie gleich an gewisse heutige Diskussionen erinnert. Länglichst wird in dem Artikel die Rede eines sächsischen Parlamentariers zitiert, der sich auf die GZ und von ihr eingebrachte Petitionen bezieht, in denen sie fordert, die Verwendung der Begriffe Diamant und Brillant allein für natürliche Edelsteine und für die Verwendung im Schmuckbereich festzuschreiben. Was der Hintergrund des Ganzen war, liest man erst sehr weit am Ende des Beitrags: Eine amerikanische Firma namens Bera American Diamond Palace hatte „gänzlich wertlose Glasprismen unter massloser, auf Täuschung des Publikums berechneter Reklame als voller Ersatz für echte Diamanten angeboten und zu Preisen, die an Betrug grenzten, verkauft“. Geschäfte in Leipzig und Dresden führten diesen Tand. Die GZ als Anwalt der Juweliere und Goldschmiede setzte sich dafür ein, den „Unfug“ auf höchster politischer Ebene zu bekämpfen. Der Beitrag endet mit einem halbseitigen Versprechen der Redaktion an die Leser: „Wir werden nicht nachlassen, den einmal beschrittenen Weg weiter zu verfolgen und im Interesse des durch unser ,Journal der Goldschmiedekunstʻ vertretenen Juwelier- und Goldschmiedegewerbes einen Schutz für die Bezeichnungen Diamant, Brillant und Juwelen zu fordern.“
Wir lernen: Nicht nur Diamanten sind für die Ewigkeit gemacht, sondern auch die Diskussionen darüber, was sich Diamant nennen darf und was nicht.