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Fotos: Deutsches Goldschmiedehaus Hanau, Sam Tho Duong (2), Petra Jaschke (1)
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Vergessliche Zwerge und andere Kuriositäten
Märchenhafte Kooperation
Sechs Wochen lang arbeitete der Pforzheimer Künstler Sam Tho Duong im Sommer 2015 als Stadtgoldschmied in Hanau. Das Resultat seines Aufenthalts in der Märchenstadt sowie rund 100 weitere seiner poetischen Objekte sind noch
bis zum 17. April im Deutschen Goldschmiedehaus zu sehen.
Was den 1969 in Vietnam geborenen und seit über 30 Jahren in Pforzheim lebenden Goldschmied und Schmuckkünstler Sam Tho Duong auszeichnet, sind vor allem drei Dinge: Fantasie, Geduld und Humor. Und natürlich die Freude an Materialexperimenten. Kirschkerne werden unter seinen Händen zu „Perlen“-Ketten, Ingwer in Kombination mit Korallen zu Broschen, Kunststoff-Trinkflaschen zu tragbaren Kunstwerken. Mit Eiskristallen überfrorene Äste dienen ihm als Inspiration für seine Kollektion „Frozen“, für die er silberne Unterformen in wochenlanger Arbeit mit winzigen Reiskornperlen bestückte.

In Anlehnung an „Frozen“ entstand auch seine ebenso originelle wie humorvolle Arbeit, die er während seines Aufenthaltes als Stadtgoldschmied in Hanau fertigte. Für ihn, der die Grimmschen Märchen schon als kleiner Junge in Vietnam kannte und liebte, stand außer Frage, dass er ihnen seine Arbeit widmen würde. Und so zeugen auch die Objekte, die Sam Tho Duong der Geburtsstadt der Brüder hinterlässt, wieder von Fantasie, Geduld und Humor: Auf einem aufgeschlagenen Märchenbuch mit einer Abbildung zu „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ arrangierte der Goldschmied zwei Zipfelmützen – aus Silber gearbeitet und, wie seine „Frozen“-Kollektion, mit einem stacheligen Überzug aus jeweils 4500 winzigen Perlen verziert. Passend dazu hat Sam Tho Duong eine eigene Geschichte erfunden: Seiner Erzählung nach hat er die beiden Mützen in einem „Verlies“ des Goldschmiedehauses gefunden. Recherchen ergaben, dass zwei der sieben Zwerge, die nach Hanau gereist waren, um ihre Erfinder, die Brüder Grimm, kennenzulernen, sie dort bei ihrer überstürzten Abreise vergessen hätten …
(Bild oben: Zwei Zwergenmützen: Kegel aus 935 Silber, Süßwasserreiskornperlen und Nylon)

Märchenhafte Kooperation
Seit 2004 ernennt die Stadt Hanau alle zwei Jahre eine(n) Stadtgoldschmied(in) und stellt die finanziellen Mittel für einen sechswöchigen Aufenthalt in der Brüder-Grimm-Stadt zur Verfügung. Die Gesellschaft für Goldschmiedekunst lädt den Künstler oder die Künstlerin ein, die Staatliche Zeichenakademie stellt den Arbeitsplatz zur Verfügung und das Goldschmiedehaus präsentiert die Arbeiten in einer Ausstellung.
(Bild oben: Die Arbeit, die Sam Tho Duong der Stadt Hanau hinterlässt, besteht aus diesen beiden silbernen Kegeln sowie einem Märchenbuch der Brüder Grimm)
Die Objekte der Ausstellung „Sam Tho Duong – 6. Hanauer Goldschmied“ (läuft noch bis zum 17. April) stellen die Bandbreite seines Schaffens unter Beweis. Präsentiert werden raumgreifende Colliers ebenso wie filigrane Broschen – aus edlen Materialien wie Gold, Silber und Perlen ebenso wie aus unedlen.
Text: Christel Trimborn