Brennpunkt

Alle News

| Brennpunkt

Wenn das Schaufenster spricht

Interaktives Schaufenster

Sie verführen zum Stehenbleiben, sie unterhalten, informieren und locken ins Geschäft: Die Rede ist vom interaktiven Schaufenster. Hier verschmelzen spielerische Elemente mit der Außenwerbung und machen den Einkaufsbummel zum besonderen Erlebnis. Die GZ geht der Frage nach, was die digitale Technik für den Fachhandel leisten kann.

Passanten bleiben vor der Karstadt-Filiale in der Düsseldorfer Schadowstraße stehen. Eine junge Frau tippt auf die Schaufensterscheibe und immer neue Versionen eines Kleides erscheinen wie von Zauberhand auf dem Glas. Sie dreht und wendet es hin und her, probiert verschiedene Farben aus. Was ist hier los? Die Antwort: Es handelt sich um das neue digitale Schaufenster im Experience Store, der fortschrittlichsten Filiale des Warenhauskonzerns. Hier wird die Technik seit Februar getestet. „Regal, Schaufenster und Online-Shop verschmelzen zu einem 24/7-Kauferlebnis für Kunden. Sehen, mögen, kaufen ist mit unserem digitalen Schaufenster in Düsseldorf ab sofort rund um die Uhr möglich“, sagt dazu Karstadt-Projektleiter Carsten Maeskes. Ein Beamer projiziert die intuitiv bedienbare Nutzeroberfläche auf die Scheibe. Passanten können die aktuelle Kollektion einer Marke anschauen, ausgewählte Stücke von allen Seiten betrachten, diverse Versionen vergleichen und sie in den virtuellen Einkaufswagen packen. Mehrere Hundert Kunden täglich lassen sich hier am digitalen Schaufenster inspirieren, klicken sich durch das Warenangebot und gehen entweder anschließend in das Geschäft oder übertragen den Warenkorb auf ihr Smartphone und bestellen. 

Digitale Renaissance einer Institution

Webshop und Filiale sind damit nicht länger Konkurrenz, sondern vielmehr zwei Wege zum Kunden, die zusammenwachsen. „Wer sich gegen Online wehrt, macht dort eben null Umsatz. Die Fläche alleine wird aber in Zukunft nicht reichen. Nur wer beides als Weg ins Kundenherz anerkennt, kann auch auf beiden Kanälen Umsatz machen und den Kunden immer wieder animieren“, sagt Eric Jankowfsky, der mit der Freiburger Ideenschmiede Poseidon Digital die Karstadt-Lösung realisiert hat. Die Integration von Terminals, interaktiven Spiegeln in der Umkleidekabine oder das digitale Schaufenster sind Brückenschläge zwischen Shop und Kunde. Neben dem Mehr an Service stehen den Händlern auch mehr Daten zur Verfügung. Welche Produkte werden gesucht, welche Varianten sind beliebt und sollten ausreichend auf Lager sein – der Mehrwert ist für Kunden wie Händler immens.

Die interaktive Vitrine von Garamantis war bereits auf der Inhorgenta Munich 2018 am Stand von Jörg Heinz im Einsatz

Erlebnisse in Echtzeit

Ist das die Zukunft auch für den kleinen und mittelständischen Fachhandel? Kann es die Lösung sein im Kampf mit den rückläufigen Kundenfrequenzen, die selbst in 1-a-Lauflagen in den Innenstädten zu beobachten sind? Nun, zumindest wächst die Wahrnehmung der interaktiven Ansprache. Eine Statistik des Fachverbandes Außenwerbung zeigt, dass 86 Prozent der Befragten eine interaktive Ansprache schon mal aufgefallen ist. Vor allem die jüngere Zielgruppe der 18 bis 30-Jährigen scheint mit 93 Prozent besonders auf interaktive Werbung zu achten. Mit zunehmendem Alter sinkt die Wahrnehmung.

Allerdings kann man noch nicht vom großen Durchbruch sprechen, denn noch sind solche Lösungen die Ausnahme und es herrschen Displays vor, die Endlosschleifen wiederholen. Doch das Potenzial ist immens, davon sind Handelsfachleute überzeugt. Zumal das Schaufenster ja die wichtigste Visitenkarte eines Geschäftes ist. Michael Unmüßig, Marketingchef des Spezialisten für digitale Preisauszeichnung SES-imagotag, sagt: „Innerhalb der Gruppe des Internets der Dinge wird das Thema Internet der Displays eine führende Rolle im Retail einnehmen. Ein modernes Geschäft verfügt heute oft schon über sehr viele Displays – nicht zu vergessen die vielen Smartphones der Kunden.“

Vom Fenster ins Netz

Mittlerweile gibt es zahlreiche junge Start-ups, die sich auf interaktive Schaufenster spezialisiert haben. Dabei muss es nicht gleich der große Wurf mit einem angebundenen E-Commerce-Shop sein. „Wir arbeiten projektbezogen. Da gibt es ganz unterschiedliche technische Möglichkeiten, je nach Budget“, sagt Andreas Köster, Kommunikationsprofi des Technologie-Unternehmens Garamantis aus Berlin (siehe Interview Seite 12). „Man kann ein Schaufenster einfach nur digital interessant mit einem Eyecatcher gestalten, zum Beispiel mit einem Sensor ausstatten, bei dem sich ein Objekt auf dem Drehteller mit dem Betrachter bewegt. Das erzeugt schon mal Aufmerksamkeit, ohne weitergehende Informationen zu vermitteln. Man kann auch mit LED-Wänden und Screens arbeiten, wo die Passanten mit Effekten angelockt werden, zum Beispiel wenn sich beim Vorbeigehen die Animation ändert oder beim Stehenbleiben etwas Spezielles abspielt.“ Nun hat die erst 2014 an den Start gegangene Firma das Konzept der klassischen Präsentationsvitrine revolutioniert. Der einst passive Betrachter wird zum aktiven Nutzer und interagiert intuitiv über das transparente Multitouch-Glas mit dem Ausstellungsstück. Durch Wischen kann er das auf einem Drehteller positionierte Schmuckstück oder Uhr von außen drehen und von allen Seiten betrachten. Synchron zur Bewegung des Objekts dreht sich ein hochauflösendes Bild-Panorama im Hintergrund und wird von dynamischen Lichtspots stimmungsvoll ausgeleuchtet. Ein weiterer Bildschirm neben dem Objekt bietet Videos, Bilder und Zusatzinformationen an, die ebenfalls von außen über das Glas gesteuert werden können. Außerdem verfügt die Vitrine über einen Personensensor, der potenzielle Benutzer bereits auf eine Entfernung von bis zu sechs Metern wahrnimmt. Eine Nutzungsstatistik wertet aus, wie viele Benutzer sich an der Vitrine informiert haben. Dank eines webbasierten Content-Management-Systems sind sämtliche digitalen Inhalte des wertigen Präsentationsmöbels wie Bilder, Texte und Videos mit wenigen Klicks austauschbar. Für die absolut neuartige Produktpräsentation in einer interaktiven Vitrine wurde das Berliner Start-up von der Initiative Mittelstand mit dem „Best of 2017“ Siegel des Innovationspreis-IT ausgezeichnet.

Keep it simple: Das Air-Touch-System erlaubt Kunden ganz einfach, sich über das Sortiment des Juweliers zu informieren

Die Spielkonsole als Vorbild

Ein weiteres Beispiel ist die interaktive Window-Shopping-Firma Ameria, die Bewegtbild, Außenwerbung, Spiel-Elemente und Beacon-Technik (kleine Sender, die Besucher lokalisieren und Botschaften auf das Smartphone senden) miteinander verbindet. Wie bei einer Spielkonsole kann man mit Gesten die Inhalte steuern. Das Startup Fluur – Büro für interaktive Gestaltung in Köln bietet das interaktive Schaufenster „Nowa“. Statt zu fuchteln steuern die Passanten das digitale Display mit ihrem Smartphone, können damit durch die Produkte blättern, Informationen anfordern, im Online-Shop einkaufen oder, sofern es der Nutzer erlaubt, über die Social-Media-Kanäle kommunizieren. Außerdem wird das Nutzerverhalten analysiert, sodass der Nowa-Kunde sieht, wie Produktangebot und Nutzerinteresse zusammenpassen. Eine App braucht man dafür nicht. Denkbar unkompliziert und günstig ist auch die Lösung von Simply²show aus Erlenbach am Main. Das Bedienteil für das Air-Touch-System „s²s“ gibt es bereits ab 1500 Euro. Der CEO der Firma, Georg Witkowski, sagt dazu: „Der große Unterschied zu anderen Lösungen ist, dass es bei fast allen Schaufenstern einwandfrei, sicher vor Vandalismus und hygienisch unbedenklich arbeitet. Es wird einfach an der gewünschten Stelle innen an der Scheibe angebracht, mit einem Monitor verbunden und schon kann es losgehen (siehe dazu auch Interview Seite 14). 

Es gibt also eine Vielzahl von Möglichkeiten, der leicht angestaubten Präsentationsfläche Schaufenster eine digitale Renaissance zu bescheren und damit effektiv neue Kaufimpulse zu setzen.   

Anzeige
Anzeige

Zurück

| Brennpunkt

Brexit

Was der Brexit für den Uhren- und Schmuckhandel in Deutschland und Großbritannien bedeutet, ist noch nicht absehbar. Die Branche schwankt zwischen ohnmächtiger Enttäuschung und gelassener Zuversicht. Aber der Tenor gegenüber der GZ ist klar: Auf den EU-Ausstieg hätten die meisten lieber verzichtet.

| Brennpunkt

Schweizer Uhren sind die Sorgenkinder der Branche.

Zum ersten Mal seit der Finanzkrise verbuchen die Eidgenossen teils dramatische Einbrüche im Exportgeschäft. Vor allem die Geschäfte mit Asien leiden. Ist edle Manufakturarbeit plötzlich nicht mehr zeitgemäß?

| Brennpunkt

Wer schreibt, der bleibt.

Viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Ebenso viele führen auch zum Kunden. Sind eigene Magazine oder Kataloge ein möglicher Weg? Was bringen sie dem Fachgeschäft wirklich? Welche unterschiedlichen Lösungen gibt es?

| Brennpunkt

Kaufmotive, Zielgruppen, Werbung

Was bewegt Schmuckkäufer? Auf welche Werbung reagieren sie? Aus welchem sozialen Umfeld rekrutieren sich Luxuskunden? Der Schmuck-Monitor von Responsio und GZ gibt auch hier fundierte Antworten.

| Brennpunkt

Früher war sie ein Köder, heute hat sie die Wirtschaft fest im Griff:

Die Marke ist das wichtigste Kapital im Wettbewerb. Das gilt auf jeden Fall für Uhren. Doch  wie verhält es sich bei Juwelen? Der Schmuck-Monitor führt zu überraschenden Erkenntnissen.

| Brennpunkt

Tja, was wollen Verbraucher wirklich?

Wer kauft Schmuck? Wie viel ist der Kunde bereit auszugeben? Was sind die Anlässe für den Besuch beim Juwelier? Fragen über Fragen, auf die es nun endlich fundierte Antworten gibt. Der von Responsio durchgeführte Schmuck-Monitor auf Initiative von Juwelier Wempe und mit Unterstützung der GZ macht das Kaufverhalten transparenter.

| Brennpunkt

Plagiate

Jedes Jahr kommen Millionen kopierter Uhren und Schmuckstücke auf den Markt. Die Plagiate bescheren den Herstellern Milliardenverluste. Und: Die Qualität mancher Fälschungen ist mittlerweile so hoch, dass diese vom Original kaum mehr zu unterscheiden sind. Können sich die Unternehmen vor den Produktpiraten überhaupt noch schützen?

| Brennpunkt

Standort-Poker

Während in vielen kleinen Städten Geschäfte schließen und Fußgängerzonen veröden, erfahren die Innenstadtlagen der Metropolen einen regelrechten Run. Die Folge: steigende Mieten. Vor allem Juweliere und Goldschmiede können sich die 1-a-Lagen oftmals nicht mehr leisten. Sie fragen sich: Wie überlebe ich abseits der City?

| Brennpunkt

Hadeln, bevor die Geldquelle versiegt

Die Schweizer Uhrenindustrie hat das erste Halbjahr nach der Franken-Freigabe ohne allzu grosse Blessuren überstanden – gegen den Trend anderer Branchen im Land, die auf Talfahrt gingen. Und ohne dabei die deutschen Juweliere zu verärgern. Doch es gab auch Verlierer.

| Brennpunkt

Die Branchen der Rohstoffkrise

Der Stoff, aus dem Schmuckträume sind, verliert immer mehr an Wert. Die Preise für Gold und Diamanten befinden sich auf Talfahrt. Viele Rohstoffe werden immer mehr zum Spielball von Investoren. Die Folge: Minengesellschaften geraten in Not.