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Da man ihnen nicht in die Köpfe schauen kann, befragt man sie am besten direkt …

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Was Kunden wirklich wollen

Tja, was wollen Verbraucher wirklich?

Wer kauft Schmuck? Wie viel ist der Kunde bereit auszugeben? Was sind die Anlässe für den Besuch beim Juwelier? Fragen über Fragen, auf die es nun endlich fundierte Antworten gibt. Der von Responsio durchgeführte Schmuck-Monitor auf Initiative von Juwelier Wempe und mit Unterstützung der GZ macht das Kaufverhalten transparenter.

Schmuck rangiert mit 22 Prozent

weit hinten auf Platz 10 der Konsumwünsche,
aber zwei Plätze vor Uhren.

„Selbst große Juweliere und Hersteller fragen bei uns nach, was den Schmuckmarkt bewegt“, sagte Dr. Christian Jürgens, Chefredakteur der GZ, anlässlich der Präsentation des ersten Schmuck-Monitors auf der Inhorgenta Munich.

„Was gefällt den Kunden eigentlich? Was motiviert sie zum Geldausgeben? Wir bewegen uns da bislang völlig im Dunkeln. Es gibt einfach keine repräsentativen Studien.“ Auf Initiative von Juwelier Wempe und mit Unterstützung der GZ hat sich dies nun mit dem ersten von Responsio erstellten Schmuck-Monitor geändert. Responsio zeichnet seit vielen Jahren gemeinsam mit Sinus für den Uhren-Monitor verantwortlich, der von führenden Marken genutzt wird. „Diese Transparenz des Uhrenmarktes wollen wir auch im Schmucksegment erreichen“, sagt Jürgens. „Andere Branchen geben mit Programmen wie Payback, Kundenkarten et cetera immense Summen aus, um Konsumenten kennenzulernen. Hier ist dies der erste Schritt für unsere Branche, der es erlauben soll, mehr Geschäft zu generieren.

Denn nur wenn ich weiß, was der Konsument will und wie viel er bereit ist, dafür auszugeben, kann ich mein Sortiment und Marketing entsprechend gezielt darauf ausrichten.“

Der Schmuck-Monitor soll Juwelieren Aufschluss darüber geben, für welche Produkte in den jeweiligen Preisklassen sich ihre Kunden am meisten interessieren, wie sie sich Informationen beschaffen und welche Marken am beliebtesten sind. Wichtige Aspekte der Untersuchung bildeten dabei die Ausgabebereitschaft für Schmuck, das Entscheidungsverhalten nach Markensympathie und bekanntheit, Meinungen zu den Themen „Luxus“ und „Geldausgeben“ sowie persönliche Präferenzen.

„Es hat mich sehr beeindruckt, mit welchem Aufwand man diese Untersuchung durchgeführt hat. Die hohe Grundgesamtheit spricht für ein statistisch doch sehr belastbares Ergebnis“, bestätigt Stephan Lindner, Geschäftsführer von Juwelier Fridrich und Präsident des Bundesverbandes der Juweliere.

Es wurden Männer und Frauen im Alter zwischen 20 und 69 Jahren befragt. Responsio-Geschäftsführer Frank-­Michael Müller berichtet über die Vorgehensweise: „Wie der Uhren-Monitor besteht der Schmuck-Monitor (gleiches Sample) aus zwei Untersuchungen.

Jeder fünfte
Endkunde ist bereit, mehr als 1000 Euro in Schmuck zu investieren.

74 Prozent der Verbraucher würden

nicht mehr als 1000 Euro für Schmuck ausgeben
und 39 Prozent weniger als 250 Euro.

Das macht ihn einzigartig und anspruchsvoll in der Auswertung zugleich. Hintergrund: Für den Uhren-Monitor haben wir 2230 Personen in der Stichprobe Bevölkerung. Hieraus holen wir die Informationen zur Ausgabebereitschaft für Armbanduhren sowie seit zwölf Monaten auch für Schmuck und Mode ein. Diese Informationen haben wir für die weiteren Interviews genutzt. Hat der Befragte weniger als 1000 Euro ausgeben, dann war das Interview zu Ende. Bei 5098 von knapp 36 000 Personen war das nicht der Fall.“

Die GZ Goldschmiede Zeitung berichtet in einer dreiteiligen Artikelserie detailliert über die Ergebnisse. In diesem, dem ersten Teil, geht es um die Bedeutung von Schmuck für die Verbraucher, die Ausgabebereitschaft und die Kaufanlässe.

Wie wichtig ist Schmuck?

Dass Schmuck auf der Wunschliste nicht mehr ganz oben steht, ist hinlänglich bekannt. Elektronische Gadgets sind die Luxusartikel der Moderne, die das Begehren wecken und für die so mancher Nerd die Nacht vor dem Laden verbringt, um als Erster ein neues Smartphone für Hunderte von Euros ergattern zu können. Doch dass Schmuck unter den wichtigen Produkten und Dingen auf Platz 10 rangiert, wird so manchen Juwelier und Hersteller erschrecken.

„Das ist sehr ernüchternd! Es ist für mich ein ganz deutliches Signal, dass wir in unserer Branche gemeinsam und ganz intensiv daran arbeiten müssen, damit wir nicht in die Bedeutungslosigkeit abgleiten“, warnt daher auch Stephan Lindner. Allerdings gilt es hier zu berücksichtigen, dass sowohl Frauen als auch Männer befragt wurden. Letztere betrachten zumeist als einziges akzeptables Schmuckstück die Uhr und den Ehering. Armbanduhren sind den meisten Befragten allerdings noch unwichtiger und belegen Platz 12 auf der Liste der Konsumwünsche, noch nach Wein. Die Generation Uhrenlos, die die Zeit nur noch von ihrem Smartphone abliest, lässt grüßen. Manschettenknöpfe sind übrigens nur für zwei Prozent der Befragten wichtig – also ein Nischenthema für den Handel.

Was darf Schmuck kosten?

Spannend ist auch die Frage, wie viel Konsumenten bereit sind, für Schmuck auszugeben. Bekannt ist, dass der Durchschnitt der Ausgaben bei rund 50 Euro je Bundesbürger pro Jahr liegt. Die gute Nachricht: Nur sieben Prozent behaupten: Gar nichts, ich kaufe keinen Schmuck. Die schlechte Botschaft: 39 Prozent sind lediglich bereit, weniger als 250 Euro auszugeben, 18 Prozent würden zwischen 250 und 500 Euro investieren. Danach wird die Luft dünn. Nur 19 Prozent der Bevölkerung gehören dem sogenannten Exklusivsegment an, das heißt, sie würden mehr als 1000 Euro für Schmuck spendieren. In diesem Segment spielt die Musik vor allem bis maximal 10 000 Euro, ab da aufwärts gibt es nur noch sehr wenige Kunden für Luxusjuwelen.

Für sich selbst sind Konsumenten bereit, mehr Geld auszugeben als für ein Geschenk: Im Schnitt würden die Befragten 858 Euro für sich selbst ausgeben beziehungsweise 874 Euro als Belohnung – als Geschenk aber nur 488 Euro.

„Die Informationen des Schmuck-Monitors waren extrem spannend“, so Guido Abeler von Carl Engelkemper Münster CEM. „Die zentrale Information für uns war, dass beinahe 70 Prozent der Schmuck kaufenden Bevölkerung maximal 750 Euro für Schmuck pro Jahr ausgibt. Hier sehen wir uns in unserer Angebotspolitik bestätigt.“ Allerdings relativiert Frank-Michael Müller die Ergebnisse: „Für Uhren ist der Konsument noch viel weniger bereit Geld auszugeben als für Schmuck. Uhren bewegen sich hier auf der Hälfte des Niveaus vom Schmuck: 47 Prozent der Befragten würden bis 250 Euro für eine Uhr ausgeben, sechs Prozent gar nichts. Und es finden sich nur 14 Prozent der Befragten im Exklusivsegment, beim Schmuck sind es 19 Prozent, die mehr als 1000 Euro ausgeben würden. Schmuckhändler stehen also besser da als Uhrenfachgeschäfte.“ Dem allerdings widerspricht Anja Heiden, Mitglied der Geschäftsführung bei Wempe: „Zwar ist die grundsätzliche Ausgabebereitschaft für Schmuck über 1000 Euro höher als bei Uhren. Jedoch wird im Exklusivsegment für eine Uhr deutlich mehr ausgegeben. Der Durchschnittswert einer Uhr ist bei deutschen Kunden im High-End-Bereich mindestens doppelt so hoch wie der eines Schmuckstücks.“ Allerdings spielt bei der Ausgabebereitschaft der Kaufanlass eine große Rolle.

Welchen Einfluss hat der Kaufanlass auf das Schmuckbudget?

Wir scheinen in einer hedonistischen Welt zu leben, das zeigen die Auswertungen des Schmuck-Monitors eindeutig. Denn tendenziell ist die Ausgabebereitschaft für sich selbst höher als bei einem Geschenk. Um sich selbst zu belohnen, würde jeder Siebte aus der Allgemeinbevölkerung mehr als 1000 Euro ausgeben. Beim Geschenk sinkt diese Bereitschaft auf fast die Hälfte dieses Werts. Lediglich als Geschenk zu einem besonderen Anlass würde jeder zehnte Befragte tiefer in die Tasche greifen und über 1000 Euro lockermachen.

Anlassgeschenke dürfen mit 571 Euro teurer sein als Geschenke ­zwischendurch.

Die Online-Konkurrenz spielt bei Schmuck ab 1000 Euro fast keine Rolle: Nur vier Prozent würden diesem Vertriebskanal vertrauen. Unter 250 Euro würden immerhin 23 Prozent der Befragten und zwischen 250 und 1000 Euro 13 Prozent im Internet kaufen.

Mehr als die Hälfte der Interviewten würden bei einem Geschenk weniger als 250 Euro hinlegen, bei einem besonderen Anlass würde immerhin jeder Dritte zwischen 250 und 1000 Euro spendieren. Im Exklusivsegment würde mehr als die Hälfte der Befragten für sich selbst als Belohnung mehr als 1000 Euro für Schmuck ausgeben. Aber nur jeder Dritte würde dies bei einem Geschenk tun. Auch hier schneiden Beschenkte aus einem besonderen Anlass besser ab: 39 Prozent der Schenker wären hier bereit, das Portemonnaie zu öffnen und mehr als einen Tausender auf die Ladentheke zu legen. Frank-Michael Müller: „Das liegt daran, dass bei einem Geschenk kein Preisschild mehr dranhängt. Und gerade beim Schmuck können die Beschenkten schlecht einschätzen, was es gekostet hat.“

Deutlich macht die Auswertung, wie wichtig zum einen die Ansprache von beruflich erfolgreichen Frauen ist, die sich selbst mit Schmuck belohnen wollen. Zum anderen sollte der Juwelier die besonderen Anlässe kennen, zu denen er im Vorfeld den Mann ansprechen kann. Während die Schmuckstücke für sich selbst zumeist als Spontan oder Lust oder Gelegenheitskauf erfolgen – also nicht geplant sind – so spielen bei den Geschenkanlässen Geburtstage, Weihnachten und Hochzeitstage, Jubiläen oder die Geburt eines Kindes eine herausragende Rolle. Immerhin 43 Prozent wollen ihrem Partner einfach auch nur etwas Gutes tun.

Die Online-Konkurrenz hingegen spielt beim Schmuck ab 1000 Euro bei der Normalbevölkerung kaum eine Rolle. Die Protagonisten des Exklusivsegments sind hingegen tendenziell eher bereit, auch im Internet Hochpreisiges einzukaufen.

Wünsche und Kaufabsichten sind die eine Seite der Medaille. Was haben die Befragten tatsächlich in den letzten zwölf Monaten in Schmuck investiert? Der Otto-Normalbürger hat nicht mehr als 1000 Euro beim Juwelier gelassen. Mehr als die Hälfte der Exklusiv-Kunden hat gleichfalls nicht mehr ausgegeben, jeder Dritte dieser Gruppe hat immerhin zwischen 1000 und 5000 Euro in Schmuck investiert.

Allein diese erste Auswertung des Schmuck-Monitors zeigt: Es gibt noch viel Potenzial für den Fachhandel und Hersteller. Lesen Sie in der nächsten GZ über die Bedeutung der Marken und die Vorlieben der Verbraucher in den Schmuckkategorien.

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Text: Axel Henselder, Illustration: Nadine Pfeifer, Fotos: Hannes Magerstaedt (4x), Foto: Yvonne Schmedemann (2x)

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