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Klassiker mit Umsatzgarantie

Uhren-Bestseller

Zeitmesser mit Kultstatus bereichern nicht nur das Portfolio von Uhrenmarken, sondern machen sich auch im Schaufenster von Juwelieren gut. Denn sie wecken Aufmerksamkeit und bieten die Emotionalität, die der Kunde der Luxusgüterbranche heute sucht.

Es sind Geschichten wie diese, die eine Uhr zu einer Legende machen: Als der Schweizer Uhrendesigner Gerald Genta Anfang der 70er-Jahre bei einem Spaziergang über den Entwurf einer neuen Uhr sinnierte, begegnete ihm die Inspiration angeblich völlig unverhofft. Aus dem Genfer See entstieg ein Taucher, dessen Helm durch auffällige Schrauben mit seinem Taucheranzug verbunden war – eine Optik, die Genta der Legende nach innerhalb einer einzigen Nacht in die Gestaltung einer Uhr einfließen ließ, deren achteckige, an ein Schiffsbullauge erinnernde Lünette mit deutlich sichtbaren Schrauben auf einem runden Gehäuse sitzt.

So entstand die „Royal Oak“ von Audemars Piguet, die 1972 auf der Basler Messe vorgestellt wurde – ganz aus Edelstahl und ausgestattet mit dem ultraflachen Automatikkaliber 2120 zu einem damals sagenhaft hohen Preis von weit mehr als 3000 Franken. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten wurde die Luxus-Stahluhr zu einem ungeahnten Verkaufserfolg und zu einem Bestseller über Jahrzehnte.

EIN EXKLUSIVER CLUB

Zudem wurde die „Royal Oak“ damit zum Mitglied in einem exklusiven Club – aufgenommen in den Kreis der Uhrenklassiker, deren Design über Jahrzehnte Bestand hat, nie an Aktualität verliert und in zahlreichen Varianten weiterbesteht. Damit dies möglich ist, bedarf es eines gewissen Vorbildcharakters des Designs sowie einer hochwertigen Qualität – Eigenschaften, die ein Produkt begehrenswert machen, selbst wenn es genau genommen gar nicht notwendig ist.

Dieses Schicksal, eigentlich überflüssig zu sein, eint exklusive Uhren mit anderen Luxusprodukten: Niemand benötigt in unseren Tagen mit allgegenwärtigen Zeitanzeigen – unter anderem auf dem Handy – tatsächlich eine Armbanduhr. Doch gerade dieser Nimbus des nicht Notwendigen macht auch den Reiz von Luxusprodukten aus. Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking erklärte den Erfolg seiner Marke einmal so, dass Porsche etwas „völlig Überflüssiges“ produziere, was man „wenigstens nicht durch noch Überflüssigeres ersetzen“ könne. Wie solche Autos erfüllen auch Uhren neben dem Zweck der Zeitanzeige eine weitere Funktion: Sie zeigen Stil und Status des Trägers. Gerade weil niemand mehr eine Uhr am Handgelenk wirklich benötigt, sagt diese viel über ihren Besitzer aus. Man kann damit sein Wissen um die Bedeutung von Geschichte, Design und Handwerk unter Beweis stellen. Wenn die Uhr dann noch genau dieses zu bieten hat – Historie, Gestaltungsqualität und Herstellungskunst –, umso besser.

Diese Charakteristiken haben eine Strahlkraft, die für die gesamte Kollektion einer Marke und auch für Juweliere von Bedeutung ist. „Klassiker sind wichtig im Sortiment der Hersteller“, hat Friedrich Jasper von Juwelier Jasper in Lippstadt festgestellt. „Man verbindet sie mit einer Geschichte, die Glaubwürdigkeit vermittelt. Über Ikonen wie die „Submariner“ von Rolex, „Royal Oak“ von Audemars Piguet, „Reverso“ von Jaeger-LeCoultre oder Speedmaster von Omega können Kunden eine Marke identifizieren und finden Zugang zu dieser. Legendäre Uhrenmodelle sind das Entree zur gesamten Kollektion eines Hauses“, berichtet Jasper aus seiner Erfahrung. Letztlich entscheide sich der Kunde häufig nicht einmal für das populäre Modell, hat der Juwelier festgestellt: „Oft findet er innerhalb eines Markensortiments eine ganz andere Uhr für sich.“ Und obwohl sich die Ikonen nicht unbedingt besser verkaufen als der Rest der Kollektion, müssen sie nach Ansicht von Jasper gehegt und gepflegt werden: „Diese Uhren sind ein Spiegelbild der Marke und stellvertretend für diese. Denn über den Klassiker verkauft man auch die modernen Interpretationen. Klassiker haben die Funktion, ein reizvolles Stück für den Kunden zu ein, sie lassen ihn in die Kollektion eintauchen und dann vielleicht doch für eine andere Uhr begeistern.“

VERSTÄNDNIS FÜR EIN PRODUKT

Auch für Rudolf Tewes von Juwelier Tewes in Dortmund haben Kult-Uhren eine große Bedeutung: „Wir führen unser Geschäft seit beinahe 200 Jahren. Daher ist es für uns besonders wichtig, dass Uhren etwas Beständiges und Werthaltiges haben. Dazu passen unsere Marken wie Omega, Chopard und Ebel sehr gut. Omega ist zum Beispiel eine Marke, die sich selbst sehr treu, gleichzeitig aber sehr fortschrittlich und innovativ ist. Wir merken, dass die Kunden, die sich für Omega interessieren, ernstzunehmende Partner der Juweliere sind. Sie haben Verständnis für das Produkt.“

Für Tewes sind es mehrere Faktoren, die eine Uhr legendär machen: „Das entsteht unter anderem durch Design und dessen langzeitige Wirkung. Dabei geht es nicht darum, kurzlebigen, modischen Effekten zu folgen. Wichtig ist es, dass der Kunde daran glaubt, dass die Uhr ihm Jahre später immer noch gefällt. Keiner will Tausende von Euro ausgeben, um kurze Zeit später festzustellen, dass ein Produkt nicht mehr aktuell ist.“ Außerdem hat Tewes erlebt, dass aus der Begeisterung an einem Modell oft der Wunsch nach einer weiteren Uhr der gleichen Marke entsteht. Laut Tewes helfen gleichbleibende Pfeiler einer Uhrenkollektion dabei, den Verbraucher von der Werthaltigkeit des Produkts zu überzeugen. „Diese Bestätigung entsteht auch durch geschichtsträchtige, legendäre Uhrenmodelle.“

Dass diese ihren Wert behalten, ist ein Argument für die bekannten Klassiker. Das hat auch Michael Schumann, Armbanduhren-Experte der Auktionswebsite Catawiki, festgestellt. Das Unternehmen ist auf besondere Objekte spezialisiert und wächst seit seiner Gründung im Jahr 2008 kontinuierlich. Mittlerweile organisiert Catawiki wöchentlich Auktionen in 80 verschiedenen Kategorien, zu denen auch Uhren zählen; pro Woche werden dabei Firmenangaben zufolge mehr als 50 000 Objekte verkauft. Dabei hat Schumann festgestellt, dass man auf Populäres setzen kann: „Erfolgreiche Modelle und Marken haben einen stabilen bis steigenden Wert und sind, durch eine konstante Nachfrage, auch wieder zeitnah zu veräußern“, sagt der Spezialist. Er nennt Namen, welche Marken sich besonders hervortun: „Uhren von Rolex, Jaeger-LeCoultre, Breitling und Omega werden bei uns mit verstärktem Interesse mit guten Verkaufsergebnissen wahrgenommen“, sagt Schumann. Allerdings empfiehlt er, beim Kauf nicht nur auf die Marke, sondern auch auf innere Werte zu achten: „Ich würde aus Qualitäts- und Werterhaltungsgründen nur Uhren mit deutschem oder Schweizer Uhrwerk ins Auge fassen. Auch Uhrenhersteller mit einem sogenannten Manufakturwerken sind in die Auswahl zu nehmen.“ www.catawiki.de

Text Iris Wimmer-Olbort
Illustration Nadine Pfeifer

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