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Bilanz zum Halbjahr

Wirtschaft

2016 war ein durchwachsenes Jahr für die deutschen Hersteller von Schmuck und Uhren – genauso wie für diejenigen, die sie verkaufen. Wie laufen die Geschäfte 2017, welche negativen Tendenzen setzen sich fort und wo gibt es Hoffnung? Die GZ hat sich bei Vertretern von Industrie und Handel umgehört.

„Kein Rekordjahr, aber auch keine Katastrophe“, so lautet die Bilanz für 2016 von Dr. Guido Grohmann, Hauptgeschäftsführer beim BV Schmuck + Uhren. Ähnlich gemäßigt ist seine Einschätzung für das laufende Jahr: „Ich gehe nicht davon aus, dass eine komplette Trendwende eintritt – dazu sind die wirtschaftlich bestimmenden Faktoren zu ähnlich.“ Man werde auf einem „moderaten, aber kontinuierlichen Level“ weiterarbeiten.

Nach Angaben des  Statistischen Bundesamtes machten die Hersteller von Schmuck, Gold- und Silberschmiedewaren im Jahr 2016 mit 361 Millionen Euro knapp zwei Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr. 2015 erzielten sie noch ein Plus von knapp zehn Prozent. Zahlen, die die Realität nur unvollständig abbilden – schließlich sind nur Unternehmen ab 50 Beschäftigten verpflichtet, ihren Umsatz zu melden. Und: 60 Prozent der Mitgliedsunternehmen des BV Schmuck + Uhren haben weniger als 20 Mitarbeiter, der Verband sieht in ihnen die Hauptumsatzträger sowohl der Uhren- als auch der ungleich größeren Schmuckbranche. Nicht ohne Grund lautet der BV-Slogan: „Unsere Kleinen sind die eigentlich Großen.“ Bei einer verbandsinternen Umfrage unter den kleineren Unternehmen vermeldeten rund 80 Prozent eine unveränderte Umsatzentwicklung oder sogar eine leichte -steigerung im vergangenen Jahr.

Ein anderes Bild offenbaren die Zahlen des Statistischen Bundesamtes beim Außenhandel, wo sämtliche Unternehmen bereits ab 500 000 Euro erfasst werden. Hier stiegen die Exportumsätze 2016 zu 2015 um knapp neun Prozent auf rund 2,6 Milliarden Euro, was beweist: Schmuck made in Germany ist im Ausland gefragter denn je.

„Der Wert zeigt in Relation zum Jahresumsatz der größeren Betriebe ab 50 Beschäftigten die enorme Wirtschaftskraft der kleineren deutschen Schmuckhersteller“, so Dr. Grohmann. Die Unternehmen lieferten ihre Produkte zu knapp 78 Prozent ins europäische Ausland und zu neun Prozent nach Asien. Der Rückgang der Einfuhrumsätze von Schmuck, Gold- und Silberschmiedewaren indes zeigt laut dem Branchenexperten, dass die international teils deutlichen Bremsspuren auch am deutschen Binnenmarkt nicht spurlos vorübergegangen sind. Denn diese sanken 2016 um minus 3,2 Prozent auf 1,77 Milliarden Euro. 2015 verzeichnete man noch eine Steigerung um satte 13 Prozent.

Uhrenhersteller Stocken auf

Wie schlugen sich die deutschen Uhrenhersteller? Hier offenbart sich beim Blick auf die Zahlen des Statistischen Bundesamtes ein umgekehrtes Bild: Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten konnten ihre bereits über Jahre kontinuierliche Aufwärtsentwicklung beim Umsatz fortsetzen – dieser stieg allerdings nur noch um 1,5 Prozent gegenüber 2015 auf 431 Millionen Euro. Die 16 erfassten Betriebe bauten ihre Belegschaft im vergangenen Jahr um 2,7 Prozent auf 2800 weiter aus – eine Aufstockung in nur fünf Jahren um rund 1000 Mitarbeiter, was verdeutlicht, dass deutsche Top-Marken weiterhin beliebt sind.

Das positive Ergebnis ist jedoch ebenfalls unter Vorbehalt zu betrachten. „Man darf es nicht so rosig sehen, auch die deutsche Uhr hat ein Problem gehabt“, gibt Dr. Grohmann zu bedenken. Denn die 16 erfassten Betriebe sind keineswegs repräsentativ für die deutsche Uhrenlandschaft. Die meisten Uhrenhersteller hierzulande beschäftigen weniger als 50 Mitarbeiter und bleiben so von der Statistik unberücksichtigt. Offenkundig wird die Diskrepanz, setzt man das positive Umsatzergebnis mit den Exportzahlen in Verhältnis, die die gesamten Ausfuhren – nicht nur die der 16 Unternehmen – beinhalten. Demnach gingen die deutschen Uhrenexporte 2016 gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent auf 1,67 Milliarden Euro zurück. Noch einschneidender verringerte sich die Einfuhr von Uhren, und zwar um minus 20,5 Prozent auf 1,96 Milliarden Euro. Dies lag vor allem am Verkaufsrückgang von Schweizer Nobeltickern in deutschen Juweliergeschäften.

Schlechte Zeiten für Luxusgüter

Die Folgen eines veränderten Reiseverhaltens im internationalen Tourismus und der weltweiten politischen Veränderungsprozesse machten sich bei den deutschen Uhrenherstellern deutlich bemerkbar – genauso wie bei ihren Schweizer Kollegen, die 2016 wie bereits im  Vorjahr einen starken Rückgang der Exporte verzeichneten: Ihr Wert erreichte laut dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) mit 19,4 Milliarden Franken 9,9 Prozent weniger als 2015. Dass die Zeiten für Luxusgüter schwierig sind, belegen auch die Zahlen des Schweizer Konzerns Richemont, der kürzlich seine Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2016/17 bekanntgab: Seine Erlöse sanken um vier Prozent auf knapp 10,65 Milliarden Euro, der operative Gewinn um 14 Prozent auf rund 1,76 Milliarden Euro. Der Uhrenverkauf, welcher ein Viertel des Gesamtumsatzes ausmacht, büßte im Vergleich zum Vorjahr 15 Prozent ein.

Die Ursachen für die schlechten Geschäfte im vergangenen Jahr waren vielfältig – und die meisten von ihnen werden sich laut Einschätzung der Experten auch 2017 fortsetzen: die Antikorruptionsgesetze in China beispielsweise, die teure Uhren als Geschenke aus der Mode brachten, oder die Angst vor Terroranschlägen, die kauffreudige Touristen aus dem Nahen und Fernen Osten von Reisen nach Europa abhielt. Auch der Einbruch des Luxussegmentes, die Konkurrenz durch die Smartwatches sowie die allgemeine politische Verunsicherung  zählen zu den anhaltenden Herausforderungen für die Branche.

Und doch: Ganz so trüb wie im Vorjahr  sind die Zahlen aus dem Nachbarland 2017 bisher nicht – sie gelten als vorsichtiger Gradmesser für die deutschen Hersteller, auch wenn man hierzulande weit weniger abhängig vom konjunkturempfindlichen Luxussegment ist. Im Gegensatz zur deutschen Branche veröffentlicht der FH monatlich die Exportzahlen seiner Unternehmen. Demnach gingen die Schweizer Ausfuhren im Zeitraum von Januar bis April 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum insgesamt zwar um 3,6 Prozent zurück, der März brachte jedoch eine Trendwende: Hier stiegen die Verkäufe ins Ausland zum ersten Mal nach 20-monatiger Talfahrt und nahmen im Vergleich zum März 2016 um 7,5 Prozent auf 1,59 Milliarden Franken zu. Im Zeitraum von Januar bis April 2017 legten die Ausfuhren nach China im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21,6 Prozent zu, nach Deutschland hingegen wurden neun Prozent weniger Schweizer Uhren exportiert.

Dass das Geschäft mit Luxuszeitmessern schwierig ist, belegen auch die Zahlen, die der Bundesverband der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte (BVJ) zusammen mit dem Marktforschungsunternehmen GfK sowie dem Institut für Handelsforschung (IFH) erhoben hat. Demnach ging der Markt für Uhren und Schmuck vergangenes Jahr insgesamt leicht um 1,2 Prozent auf 4,73 Milliarden Euro zu Endverbraucherpreisen (inklusive Mehrwertsteuer) zurück. Laut Statistischem Bundesamt lag das Minus real, ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer, bei 4,2 Prozent. Diese Zahl ist nach Einschätzung des BVJ jedoch nicht repräsentativ für die Branche, da viele Einzelhändler falsch klassifiziert würden.

Laut BVJ-Erhebung konnte die Branche 2015 noch um 2,9 Prozent zulegen, 2016 blieb der Schmuckumsatz mit minus 0,5 Prozent auf Vorjahresniveau, bei den Uhren waren es minus drei Prozent „Die Verluste sind hauptsächlich auf die schlechten Geschäfte mit den Touristen zurückzuführen“, erläutert BVJ-Geschäftsführer Joachim Dünkelmann. Nicht nur das Ausbleiben chinesischer Käufer als Folge der Anti-Korruptionsgesetze machte sich bemerkbar. Auch verlagerten sich Luxuskäufe von Europa-Touristen aus Fernost und den USA vom Euro-Raum in Richtung Großbritannien – durch die Brexit-Entscheidung und folgende Währungsschwankungen konnten bei Käufen in britischem Pfund Preisvorteile erzielt werden.

Top-Juweliere verzeichnen Umsatzeinbrüche

Vor allem die Juweliere in den 1-a-Lagen der deutschen Metropolen bekamen den nachlassenden Tourismus zu spüren. Das Traditionsunternehmen Juwelier Wempe mit seinen 32 Niederlassungen etwa verzeichnete 2016 einen regelrechten Umsatzeinbruch. Die inländische Nachfrage hält Joachim Dünkelmann hingegen für stabil. „Beim Geschäft mit hochwertigem Schmuck konnten die Juweliere sogar zulegen, auch einige deutsche Hersteller von hochwertigen mechanischen Uhren haben überdurchschnittlich profitiert“, sagt der BVJ-Geschäftsführer. 2017 setze sich der Trend zum Wertigen fort, allerdings fehle das absolute Luxussegment sowohl im Schmuck- als auch im Uhrenbereich. „Allgemein habe ich aktuell den Eindruck, dass das Klagen der Juweliere leiser geworden ist“, sagt Dünkelmann. Der BVJ rechnet für das laufende Jahr mit einer Stabilisierung der Umsätze „auf hohem Niveau“. Allerdings geht Geschäftsführer Dünkelmann auch davon aus, dass die Zahl der stationären Verkaufspunkte weiterhin leicht zurückgehen wird – aufgrund der Konkurrenz durch den Internethandel und die zunehmenden Direktvertriebsaktivitäten einiger Lieferanten.

Man darf also gespannt sein, was es noch bringt, das Jahr 2017. Nicht nur die Frühjahrsmessen lieferten bereits zahlreiche Impulse, auch vom Jubiläum „250 Jahre Goldstadt Pforzheim“ verspricht sich die Branche einiges. „Ich bin mir sicher, dass in Pforzheim nachhaltige Handelsbeziehungen gefestigt werden“, so  BV-Hauptgeschäftsführer Dr. Guido Grohmann. „Von dem Jubiläumsevent wird ein positiver Effekt ausgehen – der sich aber sicherlich nicht direkt darin messen lassen wird, dass die Endverbraucher ad hoc mehr Produkte kaufen werden als vorher.“


„Die Zahlungsmoral ist schlechter als in anderen Branchen“

 

 

Die internationale Gläubigerschutzorganisation Creditoren-Verein (CV) hat im Mai eine Studie veröffentlicht, die auf der Befragung ihrer Mitglieder basiert. Geschäftsführer Matthias Wolf erläutert im GZ-Interview, wie sich die vom CV betreuten Branchen 2016 entwickelt haben und wie es um die Zahlungsmoral steht. 

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