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Illustration: Mario Wagner/2Agenten

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Synthesen auf dem Siegeszug?

Labordiamanten

Labordiamanten scheinen sich als eigenes Segment durchzusetzen. Immer mehr Anbieter drängen auf den Markt. Welche Gefahren birgt das für das Original?

Als De Beers im letzten Jahr verkündete, unter dem Namen Lightbox eine Schmuckkollektion mit Synthesen auf den Markt zu bringen, sorgte das für ein Beben in der Branche. Zum einen aufgrund der Preisgestaltung – sollte doch ein Karat, zu Schmuck verarbeitet, lediglich 800 Dollar kosten. Zum anderen wurde das Laborgewächs vom größten Anbieter von Minendiamanten zusätzlich geadelt. Thierry Silber, Gründer von Madestones, begrüßte den Vorstoß (siehe dazu Interview Seite 28): „2018 wird definitiv als das Jahr in Erin­nerung bleiben, in dem sich Menschen und Marken dazu entschieden haben, Diamanten aus dem Labor ihren Kunden anzubieten. Der Start von Lightbox verleiht den im Labor gezüchteten Diamanten Glaubwürdigkeit und Legitimität.“

Der Pforzheimer Diamanthändler Eitan Gul sagt dazu: „De Beers hat das Thema ­Synthesen dahin verwiesen, wo es hingehört: In den Modeschmuckbereich.“

Graduierung wie Diamanten?

Jüngst sorgte diese Meldung für Unsicherheit: Der Hohe Rat für Diamanten in Antwerpen (HRD) möchte Synthesen analog zu
Mi
nendiamanten mit den 4 Cs graduieren. Ein Tabubruch, war man sich zuvor doch einig, dass man hier feine Unterschiede setzt. Der International Diamond Council (IDC), der Weltschmuckverband CIBJO sowie der Weltverband der Diamantbörsen WFDB haben sich auf klare Regeln geeinigt: Die Graduierung folgt einer „beschreibenden“ Skala mit allgemeinen Einstufungen statt der standard­mäßigen 4 Cs. Für Farbe werden Kategorien wie „farblos“, „fast farblos“, „schwach“, „sehr hell“ und „hell“ verwendet. Lupenreine Steine bezeichnet der Begriff „FI“, frei von Einschlüssen. Bei den anderen Reinheitsgraden erfolgt keine Unterteilung in 1 und 2. Außerdem wird in den Definitionen der Begriff „small“ durch „light“ ersetzt. De Beers verzichtet gänzlich auf eine Graduierung seiner Laborsteine. Das Gemological Institute of America (GIA) bietet seit 2006 einen Synthetic Diamond Report analog zu den Regeln des IDC an, der jedoch bislang nur wenig Anklang fand, da die Anbieter das Wort „synthetisch“ meiden und „lab grown“ bevorzugen. Schließlich sei ein Labordiamant ja – anders als ein Zirkonia – trotzdem ein Diamant mit allen Eigenschaften seines natürlichen Pendants.

Doch die Branchenverbände warnen vor einer Verwässerung. Eine Abordnung des IDC sowie des WFDB führt zurzeit Gespräche mit dem HRD, um ihn von einer Rücknahme der Entscheidung zu überzeugen. „Der HRD bewegt sich mit der Graduierung nach den 4 Cs außerhalb der vereinbarten Prinzipien. Synthetische Diamanten müssen sauber als solche bezeichnet werden und eine Verunsicherung des Endverbrauchers gilt es zu vermeiden“, sagt Dieter Hahn  von der Diamantschleiferei Ph Hahn.

Gefahr für Echtschmuck?

Doch abseits der Diskussion um die für Laien eindeutige Unterscheidung stellt sich die Frage, wie gefährlich Schmuck mit Labordiamanten der Echtware werden kann. Die Unternehmensberatung Bain & Company sieht Potenzial. Die Produktion von synthetischen Diamanten könnte auf 17 Mil­lionen Karat pro Jahr bis 2030 ansteigen und einen bedeutenden Teil des Marktes für kleine Steine einnehmen. Die Indus­trie verfügt derzeit über die Kapazität, etwa zwei Millionen Karat Edelsteinqualität, von denen die meisten Exemplare unter 0,18 Karat liegen, schätzt Bain in seinem Global Diamond Report 2018, der in Zusammenarbeit mit dem Antwerp World Diamond Centre (AWDC) ver­öffentlicht wurde. Das Volumen der aus Minen geförderten Schmuckdiamanten beträgt derzeit circa 63 Millionen Karat. Aufgrund der gesunke­nen Produktionskosten steigt die Nachfrage nach Synthesen. Heute kostet es 300 bis 500 Dollar pro Karat, um einen Diamanten im Labor zu züchten, 4000 Dollar waren es 2008. Dadurch haben sich die Einzelhandelspreise für die Produkte allein in den letzten zwei Jahren halbiert. Die Forscher von Bain glauben jedoch, dass im Labor produzierte Diamanten künftig maximal einen Anteil von fünf bis zehn Prozent des gesamten Diamantschmuckmarktes erobern dürften – sofern das Marketing des Handels klar zwischen beiden Produkten differenziert und die Wertschätzung der echten Naturwunder hochhält.

Der Bundesverband Schmuck und Uhren (BVSU) warnte jüngst vor den „teilweise verbrauchertäuschenden Marketingmaßnahmen vereinzelter, vorwiegend ausländischer Hersteller“. Es gelte, den über Jahrhunderte etablierten Wert des Diamanten als knappes Naturprodukt zu schützen. „Unsere Vereinigung der Bundesverbände des deutschen Schmuck- und Silberwarengewerbes unterstützt die Initiative des Weltschmuckverbands CIBJO, der mit der Diamant-Termi­nologie ein Regelwerk verabschiedet hat, das Diamanten und Synthesen im Sprachgebrauch eindeutig voneinander abgrenzt und somit Herstellern, Händlern und Endverbrauchern die Unterschiedlichkeit der Produkte glasklar vor Augen führt“, sagt BVSU-Präsident Uwe Staib.

Text: Axel Henselder

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